Zu Hebr 4 9: »Es ist also noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes.«
Ja, eine Ruhe gibt es stets für jene, die sich zu diesem Volk zählen, auch in unserer bewegten und im Ganzen ruhelosen Zeit. Aber auch für sie nicht dann, wenn die Zeit zum Arbeiten und Handeln bestimmt ist; da kann man mit unzeitigem Ruhenwollen gerade zur Unruhe des Inneren, mitunter sogar zur Vernachlässigung des Höchsten und Besten gelangen (Lk 22 46).
Ruhe muss dir überhaupt von Gott geschenkt werden; du darfst sie dir nicht willkürlich nehmen, nicht einmal im Alter und in Krankheit. Benütze dagegen konsequent jene Ruhe, die allgemein geboten und heute auch meist jedermann gestattet ist: den Schlaf vor Mitternacht und den Sonntag. Das hilft schon sehr viel zum Gefühl des Ausgeruhtseins, und es ist ein Segen dabei. Man kann sonst durch zu viel Ruhe oder Bequemlichkeit ebenso müde werden wie durch zu viel Arbeit und Hetze.
Auch die »Mußestunden« und »Ferienzeiten« sind nicht dazu da, etwas Unnützes oder oft sogar noch Schädliches vorzunehmen, sondern etwas Gutes für Leib und Geist. Die Lebenszeit ist zu kurz, um einen erheblichen Teil davon ganz unnütz verstreichen zu lassen, und ein Vergnügen ohne guten Zweck und Sinn – oder sogar mit üblen Folgen – ist keines. (GBG 688)
Zu Mk 9 14–29:
Der Vater des epileptischen Kindes musste erst seinen anfänglichen Unglauben an das damals beginnende Christentum überwinden, das ihm in den Jüngern noch nicht kräftig genug entgegengetreten war. Das, was er zuletzt sagt, das kann jeder sagen, wenn er nur ernstlich will. Wenn er auch das nicht sagen will, ist ihm überhaupt nicht zu helfen; dagegen wird er selbst mit diesem geringen Glauben Wunder Gottes erleben.
Den Jüngern aber sagt der Herr klar, woran es in ihnen noch fehlt, und das gilt ebenso für die heutigen zahlreichen Prediger, die wenig oder nichts ausrichten und dafür den »ungläubigen Geist der Zeit« oder den »Sozialismus« oder was immer sonst verantwortlich machen. Beständiger Verkehr mit Gott, nicht bloß zeitweiser, und völliger Verzicht auf allen Genuss und jede Art von Egoismus, das ist das Geheimnis der Kraft Gottes in uns Menschen, heute wie damals. Das müssen die Geistlichen leisten, sonst nützt ihre ganze Tätigkeit nichts; der »Fürst dieser Welt« lacht noch über sie und hat das Recht dazu.
(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)