20. Dezember

Gedanken zu 5 Mos 5 25–30

Eine bestimmtere Hilfeverheißung gegen das viele Elend des Lebens (das nur künstlich verschleiert wird), als sie diese Worte und die darauf folgenden Kapitel 6 bis 11 des fünften Buches Moses enthalten, kannst du nicht verlangen. Ob sie aber noch heute gültig ist und zutrifft, das kannst du ja versuchen, aber so, wie du es auch einem Menschen gegenüber versuchen musst, wenn er dir etwas bedingungsweise verspricht. Du wirst sogar erfahren, dass Gott es mit der Einhaltung der Bedingungen lange nicht so genau nimmt, wie es ein exakter Mensch dir gegenüber tun würde – sofern nur das Herz immer ehrlich dabei ist. Der volle Segen ist allerdings nur die Folge eines völligen Wohlverhaltens nach diesen uralten Worten, deren Ausführung bloß das Evangelium ist. Milliarden von Menschen hätten bereits, wenn sie wollten, ein glücklicheres Leben haben können, als sie es gehabt haben.

Zumindest ein guter Teil der Menschen, die heute auf verkehrten Wegen wandeln, hat diese Wege gar nicht aus ursprünglicher Neigung dazu betreten, sondern weil sie der weitverbreiteten Ansicht sind, es sei eben nicht möglich, auf andere Weise durch die heutige Welt zu kommen. Für sie stehen bereits im Alten Testament eine Anzahl von ausdrücklichen Versicherungen des Gegenteils, die soweit bekannt noch niemanden betrogen haben. Ich habe wenigstens noch niemanden gesehen, der das von sich aufgrund einer längeren Lebenserfahrung (nicht etwa bloß aufgrund eines halben, mattherzigen und vorübergehenden Versuchs) behaupten konnte. Diejenigen aber, die durch »die Wege aller Welt« gründlich um ihr Lebensglück kommen, zählen jetzt nach Millionen.

Mal 3 13–20    Jer 2 13    Jer 2 17–19    Jer 3 25    Jer 8 7    Jer 8 11
Jer 32 19    Jer 32 23    Jer 32 38–42    Jes 48 18    Jes 49 11–16

Wenn das schon im Alten Bund, gegenüber dem Volk der Juden, so gewesen ist, wozu wären wir denn eigentlich Christen geworden und wozu wäre uns ein »Erlöser« geboren worden, wenn wir jetzt schlechtergestellt sein sollten? Das Neue Testament hat diese Verheißungen nur innerlicher und tiefer gefasst, aber nicht aufgehoben.

Mt 5 17–20

Wunderglaube

Wer nach Gottes Reich will trachten
Und sein herrlich Heil erschaun,
muss den Geist der Welt verachten
Und den Gottesworten traun.

Wunderbar zum Heil berufen,
Nur durch Wunder wankst du nicht;
Wunderbar sind alle Stufen
Auf dem Weg von Nacht zum Licht.

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)