(Lied Nr. 501 aus: Kleines Gesangbuch der evangelischen Brüdergemeine, Gnadau 1875)
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Herr, lass doch alle Ding in Lieb allein geschehen;
ich bitt und flehe drum; erhör mein herzlich Flehen.
Denn ich bin von Natur von aller Liebe leer;
drum flöß ein Tröpflein ein aus deinem Liebesmeer. -
Lass mich dein jammernd Herz recht fühlen und empfinden,
dass ich mich dir auch gleich barmherzig lasse finden,
erweiche meine Härt in deinem teuren Blut
und schmelze mich ganz um in deiner Liebesglut. -
Lass deiner Liebe Brunn so süß ins Herze fließen,
dass auch das bittre Selbst sich mög in mir versüßen
und ich nichts Böses tu, wie andre mir getan;
dass ich vielmehr, was arg, mit Gutem stillen kann. -
Besänftige mein Herz bei Unruh dieser Erden;
lass die Gelindigkeit doch allen kundbar werden;
gib Langmut, gib Geduld, lass keinen Zorn herein,
und lass ihn, regt er sich, alsbald beherrschet sein. -
Lass mich nur betend bald das erste Fünklein schwächen,
damit es nicht vermög im Äußern auszubrechen;
halt Herz und Aug und Mund und Hand in scharfer Zucht,
wenn mich der Feind allhier zum Zorn zu reizen sucht. -
Lass mich dein freundlich Bild erblicken und erwägen,
wes Geistes Kind ich bin, dass sich nichts könn erregen:
Ja, waffne mich, o Herr, mit deinem Lammessinn,
dass ich in sanftem Mut dein wahrer Jünger bin.
Text: Anonymus