(Lied Nr. 591 aus: Kleines Gesangbuch der evangelischen Brüdergemeine, Gnadau 1875)
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O süßer Stand, o seligs Leben,
das aus der wahren Einfalt quillt;
wenn sich ein Herz Gott so ergeben,
dass Christi Sinn es ganz erfüllt!
Es weiß sodann von keiner Zierde,
als die im Blute Christi liegt;
die reine himmlische Begierde
hat alles Eitle leicht besiegt. -
Wonach der irdsche Weltsinn trachtet,
ist solchen Herzen Tand und Spiel;
was mancher für unschuldig achtet,
ist solchen Herzen schon zu viel.
Warum? Es gilt der Welt absagen,
hier heißt’s: Rührt kein Unreines an!
Wenn ihr das Kleinod wollt erjagen,
werft alles weg, was hindern kann! -
Von Sorgennot und solchen Plagen,
worein die Welt sich selbst verflicht;
vom Neid, womit sich andre tragen,
weiß Christi Sinn und Einfalt nicht:
Den Schatz, den sie im Herzen heget,
behält sie wider allen Neid;
ist jemand, der Lust dazu träget,
das macht ihr lauter Herzensfreud. -
Ach Jesu! Drücke meinem Herzen
den Sinn der lautern Einfalt ein;
vertilg, und wär’s mit tausend Schmerzen,
all andern Sinn und Tand und Schein!
O schönes Bild, ein Herz zu schauen,
das sich mit Christi Einfalt schmückt,
und mit den klugen Lammsjungfrauen
sich aus des Bräutgams Zukunft schickt!
Text: Johann Joseph Winkler (1670–1722)